H – wie How to Verein

Mit der Videoreihe ABC der Urbanen Praxis, bündeln wir nützliches praktisches Wissen für Stadtmacher*innen.

Du willst mit anderen gemeinsam Stadt gestalten? Ein Verein kann dafür die passende Struktur sein. Er bietet rechtliche Sicherheit, Förderfähigkeit, demokratische Entscheidungsprozesse und langfristige Stabilität – perfekt für urbane Projekte, die über kurzfristige Aktionen hinaus wirken wollen.

Video

Hier findest du unser Erklärvideo mit Elisabeth Knoblich (Verein für erotische Aufklärung e.V.)

Warum ein Verein?

Rechtliche Struktur: Mitglieder sind vor persönlicher Haftung geschützt; der Verein kann Räume mieten, Verträge abschließen und Personal beschäftigen.

Förderfähigkeit & Spenden: Gemeinnützige Vereine können Fördermittel beantragen und Spendenquittungen ausstellen – wichtige Ressourcen für Stadtprojekte.

Demokratische Prozesse & Kontinuität: Gremien wie Vorstand und Mitgliederversammlung sorgen für Transparenz und langfristige Stabilität.

Symbolische Legitimation: Ein „eingetragener Verein“ wirkt seriös und erleichtert Kooperationen mit Behörden oder Trägern.

Schritt für Schritt zur Vereinsgründung

Alternativen zum Verein

Nicht jede Initiative braucht einen Verein:

GbR: Schnell und unkompliziert, aber keine Gemeinnützigkeit, persönliche Haftung.

Lose Initiativgruppe: Flexibel, keine Bürokratie, aber kein Rechtsstatus oder Förderfähigkeit.

Kooperativer Träger: Gemeinnützigkeit „mitnutzen“, abhängig vom externen Träger.

Genossenschaft: Demokratisch, wirtschaftlicher Fokus, aber komplexe Gründung.

Zur Genossenschaft Fragen an Team Dis+Ko eG

Warum überhaupt ein eG?
Wir waren lange auf der Suche nach einer Gesellschaftsform, die möglichst nah
an einen kollektiv geführten Betrieb kommt. Für uns war es vor allem wichtig,
dass es möglichst keine oder extrem flache Hierarchien gibt und dass sich
unsere unternehmerische Arbeit auch Personenunabhängig funktioniert. Die
Genossenschaft gehört allen aktiven Mitglieder:innen und wird über einen
gewählten Vorstand gesetzlichen vertreten, der sich im Laufe der Zeit ändert
und auch wieder abgewählt werden kann. Bei anderen Kapitalgesellschaften
sind dafür keine demokratischen Hebel und Prozesse vorgesehen.

Hättet ihr ohne diese Struktur bestimmte Projekte gar nicht umsetzen können?
Wir haben lange in rechtlich ungeregelter Form zusammengearbeitet und
freiberuflich Projekte realisiert. Vor allem aber bei Kooperationen mit und
Beauftragung durch öffentliche Auftraggeber:innen, ist es wichtig eine
eingetragene Gesellschaftsform zu haben. Für uns persönlich hat das auch
etwas mit dem Haftungsrisiko zu tun, das wir für die Teammitglieder:innen
möglichst gering halten möchten. Daher wollten wir das bewusst auf einen
Betrieb übertragen und nicht auf uns als Privatpersonen.

Wie habt ihr demokratische Entscheidungsprozesse in eurer Genossenschaft
organisiert? Funktioniert das gut?

Wir treffen unsere Entscheidungen nach dem Konsent-Prinzip. Demokratische
Prozesse sind vergleichsweise zeitintensiv und auch wir mussten irgendwann
feststellen, dass wir nicht alles in der gesamten Gruppe ausdiskutieren können.
Wir sind inzwischen in kleinere Projektgruppen organisiert, die nun innerhalb
des Projekts selbstständig bestimmen können. Bei übergeordneten Fragen, die
die gesamte Gruppe betreffen werden dann natürlich wieder alle dazugeholt
und wir diskutieren gemeinsam Entscheidungen aus.

Schritt für Schritt zur Genossenschaft
Wie lange hat der gesamte Prozess von der Idee bis Jetzt bei euch gedauert?

Unser Gründungsprozess begleitet uns schon fast seit dem Anfang unserer
gemeinsamen Arbeit. Richtig konkret wurde es in den letzten zwei Jahren, als
sich einige vorstellen konnten die Arbeit im Kollektiv als Haupttätigkeit
auszuüben. Gleichzeitig hatten wir in dieser Zeit erste Aufträge von öffentlichen
Auftraggebern in Aussicht, für die wir dann erstmals Versicherungen
abschließen mussten und bei denen auch zum ersten Mal ein gewisses
Haftungsrisiko bestand.

Warum habt ihr euch nicht für eine andere Organisationsform oder einen losen
Zusammenschluss entschieden?

Die Genossenschaft hat den Reiz, dass wir nicht als Selbstständige mit
individuellen Risiken agieren müssen, sondern, dass wir uns als normale
Arbeitnehmer in unserer Genossenschaft anstellen können. Das nimmt auch
einiges an Druck, den man sonst als selbständige Person spüren kann. Letztlich
sind wir natürlich etwas dazwischen. Ein loser Zusammenschluss hätte zur
Folge gehabt, dass vielleicht die Gruppenidentität verloren geht.

Welche Struktur passt eurer Meinung nach wann am besten zu einem Projekt?
Für uns funktioniert es derzeit am besten, wenn zwei bis maximal drei Personen
an einem Projekt arbeiten. Man kann sich die Aufgaben gut aufteilen und hat
nicht das Gefühl allein die Verantwortung zu übernehmen. Außerdem sind die
Entscheidungsprozesse so effizienter.

Was würdet ihr anderen Gruppen raten, die überlegen, einen eG zu gründen?
Tauscht euch mit anderen eG’s aus, die im ähnlichen Kontext arbeiten. So haben
auch wir es gemacht. Einer der Gründe warum unsere Gründung
verhältnismäßig lang gedauert hat, ist der Tatsache geschuldet, dass wir andere
Büros, Kollektive und Gruppen kontaktiert und zu ihrer Organisationsform
befragt haben. Alles abseits der GmbH ist komisch unterbeleuchtet im
allgemeinen Diskurs. Uns waren deswegen auch ganz lange die möglichen
Optionen unklar, vor allem weil Genossenschaften für Ingenieursleistungen
bisher noch wenig etabliert sind. Wir haben uns mit einigen, die das gleiche
Modell betreiben ausgetauscht und wurden immer sehr freundlich empfangen.
Es hat auch sehr viel geholfen sich z.B. bei der Satzung an anderen eGs zu
orientieren. Ihr solltet euch mit den Vor- und Nachteilen der Geschäftsform
vertraut machen und auch damit, welche Pflichten mit einer eG verbunden sind.
Aber, so ehrlich müssen wir schon sein, es ist auch eine sehr aufwändige Form
der Gründung – auf kapazitärer und finanzieller Ebene. Investitionen die uns die
gemeinschaftlich organisierte Rechtsform und Struktur wert, aber auch nicht
unwesentlich ist.

Ob Verein, loser Zusammenschluss oder Genossenschaft – entscheidend ist, dass eure Struktur zu euch passt. Testet, experimentiert und vernetzt euch!
Bei jeglichen Fragen, meldet euch gerne unter: office@urbanepraxis.berlin

Extras & Ressourcen:
Downloadbare Vorlagen:

Video: Raquel Gomez Delgado
Animation: Korbinian Fischer, Dana Schneider
Interview: Rebecca Wall, Elisabeth Knoblich
Postproduction: Dana Schneider