Fachtag zur kollektiven Stadtentwicklung zeigt: Urbane Zukunft entsteht im Miteinander für ein Stadtbild des Füreinanders

Rückblick auf den Fachtag am 26. September 2025

Am 26. September kamen im Rahmen des Fachtags Urbane Praxis – Chancen kollektiver Stadtentwicklung Akteur*innen aus Praxis, Verwaltung, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zusammen, um neue Wege der kollektiven Stadtentwicklung zu diskutieren. Der Tag bot Raum für Austausch, Vernetzung und gemeinsames Arbeiten an konkreten Perspektiven für eine Stadt, die nicht nur für, sondern mit den Menschen gestaltet wird.

Im Mittelpunkt standen die Forderungen und Erfahrungen aus Projekten der Urbanen Praxis, die als Ausgangspunkt für die Diskussionen dienten. In thematischen Runden, etwa zu Teilhabe im Stadtraum, nachhaltiger Wirtschaft, kulturellem Quartiersmanagement, Mischfinanzierungen und sozialer Innovation und Wissenschaft, wurde deutlich: Die Chancen für solidarische Formen der Stadtgestaltung sind groß, wenn unterschiedliche Akteur*innen ihre Expertise teilen und Strukturen offenbleiben für vielseitige Ideen und Sichtweisen.

Forderungen und Thesen aus den Gesprächen mit Akteur*innen, Aktivist*innen, Politik und Verwaltung machten hierbei klar.

Urbane Praxis ist verbindende Struktur

Urbane Praxis und insbesondere die Netzwerkstelle versteht sich als intermediäre, transformierende Struktur zwischen Zivilgesellschaft, Verwaltung, Wissenschaft und Stadtentwicklungspolitik. Entsprechend war der Fachtag so angelegt, dass mehr als zehn interdisziplinäre Ressorts an vier Thementischen zusammengebracht wurden – zu Kultur, Teilhabe, Wissenschaft und Wirtschaft. Die Ergebnisse dieser Diskussionen wurden in vier Themen-Cluster gebündelt und zeigen: Kollektive Stadtgestaltung gelingt dort, wo Wissen, Verantwortung und Gestaltung geteilt werden in neuen Kooperationen aus Zivilgesellschaft und Politik.

Kultur als Motor für Stadtentwicklung

Im Cluster „Kulturelle Stadtentwicklung“ wurde betont, dass kulturelle Freiräume das Fundament lebendiger, vielfältiger Städte bilden. Gefordert wurden dauerhafte, gesicherte Orte statt kurzfristiger Zwischennutzungen, eine ressortübergreifende Zusammenarbeit in der Verwaltung, dabei auch ganz klar “Ämter-Logik hacken“ und ein systematischer Wissenstransfer zwischen Projekten. Urbane Praxis soll Räume schaffen, in denen Konflikte ausgetragen, Perspektiven geteilt und gesellschaftlicher Zusammenhalt gestärkt werden. Deutlich formuliert wurde auch: Gemeinwohl vor Profit. Kulturelle Orte dürfen nicht länger der Immobilienlogik untergeordnet werden, sondern brauchen Schutz und politische Rückendeckung.

Teilhabe gerecht und fürsorglich gestalten

Der zweite herausgearbeitete Themenbereich widmete sich der sozialen Dimension Urbaner Praxis: Wie kann Teilhabe gelingen? Diskutiert wurde, dass Beteiligung niedrigschwellig und machtreflexiv gestaltet werden muss. Eine klare antirassistische Haltung und eine Kommunikation mit den Betroffenen schaffen Vertrauen und Zugang für eine auf Reaktion bedingte Praxis. Urbane Praxis soll Menschen dort abholen, wo sie sind – im Quartier, im Jugendclub, beim Friseur, in der Gemeinschaft. Gefordert wurde zudem, Scheinbeteiligung zu vermeiden und zu revolutionieren: Mitbestimmung muss echte Wirkung haben und darf nicht bloß formales Beiwerk sein. Teilhabe darf kein Privileg für Verwaltungsprofis und Expert*innen bleiben, sondern muss für alle verständlich und zugänglich gemacht werden.

Wissenschaft und Praxis vernetzen

Im dritten Cluster ging es um die Verbindung von Wissenschaft und Urbaner Praxis. Gefordert wurden neue Allianzen zwischen Forschung und Praxis, etwa in Form von Reallaboren oder neuen Kooperationsmodellen zwischen Zivilgesellschaft und Politik und Verwaltung. Ein Schwerpunkt lag auf Wissensübersetzung und Archivierung: Erkenntnisse aus Projekten müssen dauerhaft zugänglich bleiben, z. B. in öffentlichen Bibliotheken oder digitalen Archiven. Auch die Ausbildung zukünftiger Planer*innen und Forscher*innen soll praxisnäher werden – durch Lehrformate im Stadtraum, transdisziplinäre Forschung und Öffnung wissenschaftlicher Institutionen für neue Perspektiven. Denn wer Expert*innen sind soll keine Wissenselite bestimmen, sondern die Stadtgesellschaft selbst. 

Gemeinwohlorientierte Wirtschaft und langfristige Strukturen

Der vierte Themenbereich befasste sich mit den wirtschaftlichen Voraussetzungen kollektiver Stadtgestaltung. Gefordert wurden neue Finanzierungsmodelle, die Gemeinwohl statt Profit in den Mittelpunkt stellen – etwa die Weiterführung des Berliner Projektfonds Urbane Praxis oder Gemeinwohlorientierte Partnerschaften. Soziale Prozesse und Netzwerke sollen ebenso gefördert werden wie bauliche Projekte. Anerkannt werden sollen auch nicht-monetäre Beiträge wie Engagement, Wissen oder Sachleistungen. Urbane Praxis müsse als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge verstanden werden – als soziale Infrastruktur, die ebenso wichtig ist wie Schulen oder Bibliotheken. Deutlich wurde auch der politische Appell: Stadt darf nicht weiter ausverkauft werden. Gemeinwohlorientierte Nutzung muss Vorrang vor spekulativer Verwertung haben.

Gemeinsame Leitlinien und politische Forderungen

Über alle Themen hinweg zog sich ein roter Faden: Der Ruf nach Abbau von Barrieren, gemeinwohlorientierten Perspektiven und neuen Allianzen. Die Teilnehmenden betonten die Notwendigkeit, Hürden zu überwinden – in der Verwaltung, in der Wissenschaft und zwischen den Sektoren. Ebenso wurde der Wunsch deutlich, Wirkungen der Urbanen Praxis sichtbarer zu machen und als legitime Grundlage für Förderung und politische Anerkennung zu nutzen.

Der Fachtag machte deutlich, dass kollektive Stadtentwicklung längst mehr ist als ein Ideal. Viele Teilnehmende nahmen konkrete Ansätze, Kooperationen und gemeinsame Projekte mit. Urbane Praxis wirkt bereits heute als Brückenbauer*in – zwischen Kultur und Verwaltung, Bürger*innen und Politik, Forschung und Alltag. Der Fachtag machte deutlich: Eine zukunftsfähige Stadt entsteht dort, wo Wissen, Verantwortung und Gestaltung geteilt werden.

Die konkreten Forderungen aus dem Aktionswochenende werden in den kommenden Wochen als Social Media Kampagne auf den verschiedenen Kanälen der Urbanen Praxis und aktiven Initiativen geteilt. 

VERANSTALTUNGSDETAILS:

Freitag, 26. September – Fachtag für Austausch und Vernetzung in der Alten Feuerwache auf dem THF Gelände
Ort: Alte Feuerwache THF Gelände
Webadresse: https://www.urbanepraxis.berlin/event/fachtag-urbane-praxis-chancen-kollektiver-stadtgestaltung/
Social Media: https://www.instagram.com/urbanepraxisberlin/