Keine Förderung von Urbaner Praxis bedeutet keine Förderung von kultureller Teilhabe und zivilgesellschaftlichem Zusammenhalt
Statement des Berliner Projektfonds Urbane Praxis und Urbane Praxis e.V.
Die geplanten Haushaltskürzungen zeichnen eine Zäsur in der Berliner Kulturpolitik. Die Finanzierung sämtlicher Kulturhäuser wird gekürzt, Mittel für dringend benötigte Unterstützungsarbeit im Bereich Diversität, Inklusion und Teilhabe werden gestrichen, und über Jahre aufgebaute kulturelle Infrastrukturen sollen abgebaut oder gar abgewickelt werden.
Auch viele Aktivitäten, Orte und Projekte der Urbanen Praxis – der gemeinschaftlichen, kulturellen Entwicklung von Freiräumen und Nachbarschaften, sind gefährdet bzw. durch die Kürzungen auf Null gesetzt. Der Berliner Projektfonds Urbane Praxis ist von der geplanten Abwicklung der Stiftung für kulturelle Weiterbildung und Kulturberatung direkt betroffen, und dadurch würde die niedrigschwellige Förderung von zivilgesellschaftlich getragenen Projekten entfallen, die soziale Teilhabe, kulturelle Innovation und nachbarschaftliches Engagement ermöglichen. Auch die Finanzierung von Projekten, die seit vielen Jahren an der Schnittstelle zu Stadt, Kunst und Kultur arbeiten, wie Berlin Mondiale, Mince e.V., silent green, SAVVY Contemporary, Sinema Transtopia, ZK/U – Zentrum für Kunst und Urbanistik, uvm. wird gestrichen. Hiermit brechen Strukturen der Urbanen Praxis weg, die einzigartig sind in der Berliner Kulturlandschaft. Statt die sogar internationale Strahlkraft dieser Orte zu sehen, – Kulturorte, für die Berlin bekannt ist, stirbt durch die Kürzungen eine ganze Szene von unterschiedlichen Akteur*innen.
Dadurch untersagt die Politik die Förderung von zivilgesellschaftlicher Teilhabe an der Stadtkultur und an der Stadtgestaltung und -entwicklung. Durch Urbane Praxis schaffen stadtgestaltende Initiativen kulturelle Freiräume, an denen Stadt verhandelt und neu gedacht wird, Nachbarschaften und Communities zusammenkommen und Begegnungsorte geschaffen werden, die essenziell für den gesellschaftlichen Zusammenhang sind. Es entstehen Treffpunkte, Orte der Kreativität und Innovation, der Interaktion und des Ideenaustausches. Alle diese Projekte arbeiten einzigartig an der Schnittstelle zwischen Kultur und Stadt. An den Themen der Nachhaltigkeit, an Fragen der Identität und Repräsentation, an Fragen rund um Demokratie und Teilhabe. Sie reflektieren die Berliner Geschichte durch dekoloniale Ansätze. Sie gestalten Räume um (z.B. Schwimmbäder, Friedhöfe, Gärten), stärken die Stadtgesellschaft und machen diese Stadt lebenswert.
Die Kürzungen treffen hier ganz besonders die freie Szene von Kulturakteur*innen, die interdisziplinär und spartenübergreifend ohnehin schon sehr prekär gearbeitet hat. Wie und wo soll stattdessen dann noch gesellschaftliche Teilhabe stattfinden? Und wo werden sonst noch Stimmen von marginalisierten Gruppen in städtische Prozessen sichtbar gemacht? In Zeiten von Krisen, Polarisierung und Konflikten ist es doch gerade wichtig, Orte in der Stadt zu haben, in denen gesellschaftliche Aushandlung statt findet und in denen unterschiedliche Gruppen Gehör finden und zusammen kommen können. Die Berliner Politik trägt Verantwortung dafür, Teilhabe am stadtkulturellen Leben zu ermöglichen und zu fördern. Mit der Kürzung der Haushaltsmittel in diesem Bereich entzieht sich der Berliner Senat seiner Verantwortung.
Die Kürzungen gefährden nicht nur bestehende Projekte, sondern auch die Zukunftsfähigkeit Berlins als kulturelle Hauptstadt. Die vielfältige und lebendige kollektiv organisierte Kulturlandschaft Berlins ist zum einen ein Aushängeschild der Stadt – und ein Grund, warum Menschen weltweit von ihr fasziniert sind. Zum anderen braucht Berlin niedrigschwellige Nachbarschaftsräume, die nicht von Anfang an durchgeplant sind und vorgeben, wie sie zu nutzen sind. Denn viel mehr als in Innovationszentren und Think Tanks entstehen dort in der Aktivierung der Räume und im Austausch innovative Ideen, die auch ein wirtschaftlicher Faktor in der Stadt sind.
Wir möchten dazu anregen, die Entscheidung über die Haushaltskürzungen in diesem Bereich zu überdenken und eine langfristige Strategie für den Erhalt und Weiterentwicklung von stadtkulturellen Infrastrukturen und Projekten zu entwickeln. Berlin kann es sich nicht leisten, an dem zu sparen, was die Stadt so einzigartig macht. Jetzt ist die Zeit, gemeinsam für eine nachhaltige Zukunft der Berliner Stadtkultur einzutreten und niederschwellige Zugänge zu kultureller Teilhabe für alle Menschen in Berlin zu schaffen.
Für weitere Informationen und Presseanfragen wenden Sie sich bitte an:
Dana Schneider & Elisabeth Knoblich
Urbane Praxis e.V.
E-Mail: kommunikation@urbanepraxis.berlin
Webseite: https://www.urbanepraxis.berlin/
Berliner Projektfonds Urbane Praxis
Stiftung für Kulturelle Weiterbildung und Kulturberatung
E-Mail: urbanepraxis@stiftungkwk.berlin
Website: https://www.projektfonds-urbane-praxis.berlin/de/